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69 Abschiebungen am 69. Geburtstag - wie zynisch ist Seehofer?

Aktualisiert: 25. Aug. 2018



In der Tat - es klingt zynisch, wenn der Spiegel berichtet, wie sehr Seehofer sich über die Abschiebung von 69 Afghanen "zu seinem Geburtstag" freut, zumal selbst Migrationskritiker anerkennen, dass Afghanistan nicht sicher ist.


In dem Artikel werden dann auch gleich mehrere Tweets von Abgeordneten veröffentlicht, die Seehofer kritisieren. Etwas heuchlerisch nehmen sich dabei jedoch die Tweets von Abgeordneten der SPD aus, schließlich sitzt die SPD mit in der Regierung, die Afghanistan als sicheres Herkunftsland deklariert hat. Entweder ist es dort sicher und man kann abgelehnte Asylbewerber abschieben oder eben nicht. Aber einen Entschluss mitzutragen und seine Umsetzung dann zu kritisieren - das ist schwer verständlich.


Aber mal weg von den Emotionen und hin zur Sachlage. Was will Seehofer?


Seehofer setzt sich laut seinen Bekundungen dafür ein, dass Gesetze, die aus seiner Sicht derzeit nicht umgesetzt werden, wieder Geltung erhalten. Als Bundesinnenminister ist genau das übrigens seine heiligste Aufgabe.


Wie ist die Lage? Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte für 2017 Zahlen zu den Entscheidungen über Asylanträge und auch zu den Abschiebungen. Daraus geht hervor, dass 2017 über 603.428 Anträge entschieden wurde und davon 38% abgelehnt wurden, das wären also ca. 229.000. Tatsächlich abgeschoben wurden jedoch in 2017 nur 23.966, also kaum mehr als 10% der abgelehnten Asylbewerber. Nun mag es natürlich Härtefälle und berechtigte Ausnahmen geben, aber wenn 90% der abgelehnten Aslybewerber nicht abgeschoben werden, dann ist die Nicht-Abschiebung offensichtlich die Regel und nicht die Ausnahme.


Wenn also Seehofer als zuständiger Bundesinnenminister darüber freut, dass die Anzahl der Abschiebungen sich erhöht, dann hat er aus Sicht seines Amtes damit recht, denn als Innenminister ist er eben dafür verantwortlich, dass Gesetze eingehalten werden und auch umgesetzt werden. Und dazu gehört eben auch, dass Entscheidungen, die auf Grundlage der geltenden Gesetze getroffen wurden, umgesetzt werden. Wenn dies nun einigen Abgeordneten der Regierungspartei SPD nicht gefällt, dann sollten sie sich für eine Änderung der Gesetze einsetzen, anstatt deren Umsetzung zu kritisieren. Oder in die Opposition gehen.


Unabhängig davon ist die Äußerung Seehofers vielleicht geschmacklos. Aber über Fragen des Geschmacks darf jeder seine eigene Meinung haben.


Ergänzung


Nachdem ich diesen Beitrag veröffentlicht habe, hat sich einer der 69 Afghanen in Kabul das Leben genommen. Das ist tragisch.


Diese Entwicklung führte zu einer weiteren Welle der Entrüstung gegen Seehofer bis hin zu Rücktrittsforderungen. Dazu darf und soll jeder seine Meinung haben, nur möchte ich ein paar Fakten ergänzen:

1. Der Afghane war 8 Jahre als Gedulteter in Deutschland und hat sich dabei ein saftiges Vorstrafenregister erarbeitet. Unter anderem wegen schwerer Körperverletzung, Raub und Diebstahl. Das Gesetz sieht in einem solchen Fall die Abschiebung vor. Und schließlich war er ja nicht gezwungen, in seinem Gastland kriminell zu werden. Dies war seine freie Entscheidung und für die Folgen musste er gerade stehen.

2. Seehofers Bundesinnenministerium trifft keine Entscheidungen darüber, wer abgeschoben wird. Vielmehr ist es ausführendes Organ. Die Entscheidung darüber, wer abgeschoben wird, treffen die Ämter der Bundesländer. In diesem Fall also die Stadt Hamburg. Wenn man also jemandem die Verantwortung für diesen Selbstmord anhängen möchte, dann wäre der Adressat nicht Seehofer sondern der zuständige Hamburger Innenminister Andy Grote. Aber dessen Namen erwähnte keiner von Seehofers Kritikern, ich musste mich erst bei Google informieren, wer dort Innenminister ist.


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