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Fragen zu Russland - werden Homosexuelle in Russland unterdrückt?

Aktualisiert: 15. Aug. 2018




In den deutschen Medien wird dies ja immer behauptet und ich werde immer wieder danach gefragt, daher hier eine kurze Antwort.


Homosexualität wird in Russland nicht gesetzlich diskriminiert oder sanktioniert. Es gibt jedoch ein Gesetz, das „Propaganda für nicht-traditionelle Lebensgemeinschaften vor Minderjährigen“ verbietet. Grob gesagt, darf man Homosexualität vor Kindern also nicht als etwas Tolles darstellen. Bei Verstößen droht eine grausame Strafe: ein Ordnungsgeld in Höhe von 60-75 Euro für Privatpersonen und in Höhe 11.000-13.000 Euro für juristische Personen (also Firmen und Organisationen).


Dass Homosexualität gesellschaftlich nicht so akzeptiert ist, wie z. B. in Deutschland, ist ein anderes Thema, hat jedoch nichts mit Gesetzen zu tun. Es gibt jedoch in Russland, genauso wie im Westen, in jeder größeren Stadt Gay-Clubs und weder die Gäste noch die Besitzer der Clubs werden in irgendeiner Form anders behandelt, als bei "normalen" Nachtclubs oder Diskotheken.


Hier wird also durch die Medien ein Thema erschaffen, nämlich die angebliche Homophobie in Russland und die „Unterdrückung der Homosexuellen“. An diesen Dingen ist tatsächlich nichts dran. Das geht sogar so weit, dass ein russischer Satiriker einmal in seinem Programm sagte „Im Westen behaupten sie, Homosexuelle würden bei uns unterdrückt. Da frage ich mich, ob die unsere Stars und Sternchen im Showbusiness kennen?“ Das führte zu sehr viel Gelächter, denn im russischen Showbusiness sind sehr viele Stars offen homosexuell. Übrigens hindert dies auch Putin nicht daran, diesen Stars für ihre Verdienste staatliche Auszeichnungen und Orden zu verleihen.


Man sollte vielleicht auch noch etwas anderes bedenken. Der Weg zur Gleichberechtigung von Homosexuellen war auch in Deutschland lang. Erst nach der Wiedervereinigung wurden die letzten Diskriminierungen in der Gesetzgebung abgeschafft, vorher galt noch ein sogenanntes "Schutzalter" von 18 Jahren, was ein Verbot von homosexuellen Handlungen bei unter 18 jährigen bedeutete. Der Kampf für die Gleichberechtigung lief seit den 1950er Jahren, die letzten Diskriminierungen wurden erst 40 Jahre später abgeschafft und auf die Erlaubnis zur Eheschließung mussten die Homosexuellen noch einmal über 20 Jahre warten.


Es handelt sich hier um gesellschaftliche Prozesse, die brauchen Zeit. In Russland haben diese Prozesse erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begonnen. Das kann einem gefallen oder nicht, aber es ist eben so. In Russland sind Homosexuelle gesetzlich nicht benachteiligt, die einzige Einschränkung ist das schon genannte Gesetz.


Damit ist Russland nach 20 Jahren gesellschaftlich schon wesentlich weiter, als es Deutschland nach 20 Jahren, also in den 1970ern war. Als ich in der 1980ern zur Schule ging, war es noch normal, dass man Homosexuelle als "Schwuchtel", "warmer Bruder" oder "vom anderen Ufer" bezeichnete. Es brauchte von hier noch einmal 30 Jahre bis zur Ehe für alle.


Man sollte also von der russischen Gesellschaft nichts erwarten, was die deutsche Gesellschaft auch nicht geschafft hat. Gesellschaftliche Prozesse brauchen Zeit und können nicht von außen erzwungen werden. Das ging in Deutschland nicht und wird auch in Russland nicht funktionieren.



700 Ansichten2 Kommentare

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2 commentaires


anti-spiegel
12 août 2018

Lieber Herr Loewe, was Sie schreiben, stimmt aus zwei Gründen nicht. Erstens ist Homosexualität keine Frage der Chromosomen. Aber noch wichtiger: In Russland gibt es in Russland an jeder Schule einen Schulpsychologen, der ein Kind, dass sich als homosexuell entdeckt sehr wohl betreut. Und in der russischen Verfassung werden die Rechte der Menschen in Kapitel 2 in den Artikeln 17 bis 64 sehr ausführlich geregelt. Und zwar lange nicht so schwammig, wie im Grundgesetz, sondern sehr viel detaillierter als im Grundgesetz. Nun kann man die schwammige Formulierung im Grundgesetz gut finden oder auch die detaillierten Rechte in der russischen Verfassung, aber Tatsache ist, dass die Rechte der Menschen in Russland geschützt sind. Und wer meint, dass Russland hier die Rechte…

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michael.loewe
11 août 2018

Der Beitrag lässt die wichtigste Betrachtung aus: In Deutschland gilt das Grundgesetz, gemäß dem die Würde des Menschen unantastbar ist. Ein junger Mensch in Russland wird in Schule und Gesellschaft allein gelassen, wenn er in seiner Entwicklung entdeckt, dass die Natur ihn mit einer von der klassischen Vorstellung abweichenden Chromosomenverteilung bedacht hat.

Das ist Unterdrückung.

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